ETF-STUDIE 2016/2017 Teil 2:
Verdrängen ETFs die aktiven Fonds? Welche Rolle spielen Smart Beta-Produkte?

Der Erfolg von ETFs kam bisher zu Lasten von aktiven Fonds zustande. Wir wollten herausfinden, in welchen Bereichen diese Verdrängung stattfand und ob sie sich so weiterentwickeln wird. In dem Zusammenhang betrachten wir folgend auch die Antworten zu Smart Beta-Produkten, die als Brücke oder gar Mischform zwischen passiven Vehikeln und aktiv gemanagten Fonds gelten.


Dieser Artikel entstammt unserer Studie zum Einsatz von ETFs und Fonds sowie zur Digitalisierung unter deutschen Vermögensverwaltern. Die Studie können Sie kostenfrei hier herunterladen:

Die Frage nach den Verlierern des Erfolges von ETFs, lieferte eine offensichtliche Antwort. Praktisch immer wurden aktive Fonds durch ETFs ersetzt. Interessant ist sicherlich, dass bei 39% derer, die ETFs einsetzen, ihre Zertifikate-Allokation zurückgefahren wurde. Da Deutschland eine Ausnahmestellung bei der Anwendung von Zertifikaten hat, mag auch die Verdrängung in dieser Größenordnung ein deutsches Phänomen sein.

Hedgefonds hatten bisher nichts zu befürchten (nur 8% ersetzten Hedgefonds mit ETFs) und bei Derivaten ist die Verdrängung überschaubar, insbesondere wenn davon auszugehen ist, dass es keine Produkte-Anbieter negativ betrifft, wenn bspw. der Future auf den DAX nun durch einen DAX-ETF ersetzt wird.

 

Chart 1: Zu Lasten welcher Produkte setzen Sie ETFs ein? Bei 96% der Umfrageteilnehmer wurden aktive Fonds zu Gunsten von ETFs abgebaut. Bei 39% sind Zertifikate dem Erfolg von ETFs zum Opfer gefallen. Mit 17% ist der Balken für „Andere / (illiquiden) Alternatives“ in Chart 1 recht hoch. Hier muss erwähnt werden, dass es sich in den Gesprächen ergab, dass nur selten die Alternatives wie Private Equity, Immobilien oder andere derartige Anlagesegmente, die mittlerweile mit ETFs abgebildet werden können, gemeint waren. Öfter wurden hier Aktien und Anleihen als Einzeltitel genannt, die durch ETFs ersetzt wurden.

 

 
Der frühe Vogel ist kritischer
Wir greifen unsere Interpretation aus Teil 1 auf. Die These war, dass die Vermögensverwalter, die früh ETFs einsetzen, für sich entschieden haben, dass ETFs eine begrenzte Rolle in ihren Portfolios erhalten. Dazu schauen wir zwei Fragen unserer Umfrage an. „Gibt es bestimmte Anlagesegmente, für die Sie ausschließlich ETFs oder ausschließlich aktive Fonds einsetzen (würden)?“ 45% sagten ja, 55% dementsprechend nein.

Zweitens wurde nach ausschließlichem Einsatz von ETFs oder aktiven Fonds für Anlagesegmente gefragt. Die frühen ETF-Nutzer sagten zu Zweidritteln, dass sie für US Aktien und für europäische Aktien ausschließlich ETFs einsetzen. Das sind die Märkte, die wohl nach herrschender Meinung als die effizientesten Märkte gelten. Bei den Vermögensverwaltern, die erst ab 2011 die ETF-Welle erfasst hat, schließen nur ein Viertel aktive Fonds für diese beiden Anlagesegmente aus.

Generell haben sich die frühen ETF-Anwender öfter darauf festgelegt für bestimmte Anlagesegmente ausschließlich aktive Fonds einzusetzen. In etwa doppelt so oft, wie es die neueren ETF-Anleger unter den Vermögensverwaltern taten.

Die Quote von Ausschließlichkeit für ETFs gegenüber Ausschließlichkeit von aktiven Fonds ist im Anlagesegment US Aktien am höchsten. Am niedrigsten ist die Quote bei Unternehmensanleihen, gefolgt von Schwellenländer Aktien und Rohstoffen. Nur für die beiden erstgenannten ist die Quote unterhalb von 1, so dass die Vermögensverwalter im Durchschnitt annehmen, dass aktive Fonds ausreichend Mehrwert gegenüber ETFs bei Unternehmensanleihen und Schwellenländer Aktien liefern, um höhere explizite Kosten und Managerrisiko zu rechtfertigen.

 
Vorteile gegenüber aktiven Fonds
Die explizite Einordnung von ETFs gegenüber aktiven Fonds auf einer Skala von 1 (viel schlechter) bis 5 (viel besser) zu einzelnen Kriterien, brachte ein überraschendes Ergebnis. Gewichtet man die Skala-Punkte, so hat die Frage nach der langfristigen Outperformance mit 3,4 den niedrigsten Wert. Gerade da die Kosten, die ja in der Performance enthalten sind, oft als Argument für ETFs genannt werden, hätte man hier von einer höhere Zustimmung für Outperformance ausgehen können. Allerdings sagen auch nur 10%, dass ETFs langfristig schlechter oder viel schlechter als aktive Fonds performen. Die Häufung liegt im neutralen Bereich.
Einen Wert oberhalb von 4 erreichen „Gesamte Kosten / Aufwand für das Unternehmen“, „Kundenakzeptanz“, „Transparenz“ und „Handel“ in entsprechender Reihenfolge. ETFs machen demnach Vermögensverwaltern vor allem das tägliche Business einfacher bzw. effizienter im Vergleich zu aktiven Fonds.

 
Wunsch-ETF
Wir fragten, ob ein neuer ETF, eine Innovation, die es nicht am Markt gibt oder ein ETF, der ein Segment abdeckt, das nicht (ausreichend) abgedeckt ist, sofort ein anderes Instrument im Portfolio ersetzen könnte. Obwohl mehr als Dreiviertel der ETF-Nutzer darauf antworten, ist das Bild sehr uneinheitlich. Wenige sehen schon einen Mehrwert durch jeden weiteren ETF, der das Universum vergrößert und die Selektionsfähigkeit des Vermögensverwalters erfordert und begünstigt.

Andere Antworten betrafen eher Nischenthemen von Staatsanleihen auf Portugal über Floater bis zu spezifischen Aktiensegmenten der Emerging Markets. Eine klare Tendenz war nicht festzustellen.

 
Smart Beta
Smart Beta-ETFs werden von 42% der Vermögensverwalter genutzt, die ETFs einsetzen. Weniger als 20% der “alten Hasen” haben Smart Beta-ETFs in ihren Portfolios. Demnach sind die neueren ETF-Anleger deutlich offener für diese Produktkategorie.

„Wir nutzen Smart Beta nicht, da es eine Strategie in einer Strategie ist und uns Plain Vanilla wichtig ist.“

 
Es mutet aber an, dass generell noch einige Aufklärungsarbeit auf Seiten der Smart Beta-Anbieter ansteht. Die Gründe, weshalb der Smart Beta-Einsatz abgelehnt wird, ruft nach einer klareren Definition des Kunstbegriffs, denn nicht jeder Ablehnungsgrund passt zu jeder Definition, die für Smart Beta auf Anbieter-Seiten gegeben wird.

Häufiger wird genannt, dass die Entwicklung erst beobachtet wird, genauso wie auch vielfach genannt wurde, dass das “Smart” im Namen irreführend ist, da es keine überlegene Produktkategorie ist. Produktklarheit und –Wahrheit scheinen nicht gegeben zu sein.

 
Erfahrene ETF-Anwender offener für aktive Fonds
Die neueren ETF-Anwender unter den Vermögensverwaltern sind anscheinend überzeugter oder gar begeistert von ETFs. Sie halten sogar einen größeren Teil ihrer Allokation darin und sind offener für neue Produkte der ETF-Anbieter, wie Smart Beta. Im Umkehrschluss sind sie aber auch weniger offen für aktive Fonds, zumindest als Ersatz für bestehende oder neue ETFs.

Fast die Hälfte vergleicht vor Kauf eines ETFs und auch fortlaufend nicht mit aktiven Fonds. Sie nehmen sich Zeit neue ETFs anzuschauen und betreiben mehr Aufwand bei der Selektion von ETFs untereinander, da hier mehr Kriterien eine Rolle spielen als bei den frühen ETF-Nutzern.

 

Chart 2: Vergleich mit aktiven Fonds vor dem ETF-Kauf und fortlaufend. Fast die Hälfte der Vermögens-verwalter, die seit 2011 oder später ETFs einsetzen, vergleichen ETFs nicht mit aktiven Fonds. Im Kontrast dazu vergleichen fast alle frühen ETF-Anwender mit aktiven Fonds, insbesondere hinsichtlich der quantitativen Kriterien.

 

Die Vermögensverwalter, die schon länger ETFs einsetzen, haben augenscheinlich eine klare Rolle für ETFs im Portfolio vorgesehen. Sie gehen weniger auf neue Produkte der ETF-Anbieter ein. In dieser Gruppe scheint demnach auch die Verdrängung aller anderen Instrumente durch ETFs begrenzt, eventuell beendet, zu sein. Aktiv gemanagte Fonds spielen hier weiterhin eine wichtige Rolle. Zwar haben wir keine Bestätigung für unsere These, dass ETFs dort für die effizientesten Märkte eingesetzt werden, dennoch scheint es, dass aktive Fonds für Märkte verwendet, die nicht als effizient gelten, die nicht dem Home Bias des Vermögensverwalters unterliegen und somit für die Segmente, wo ein externer Manager Mehrwert liefern kann. Vereinfacht kann man zusammenfassen, dass diese Vermögensverwalter auf der ETF-Seite Plain Vanilla-Produkte verwenden und bei aktiven Fonds Zeit und Aufwand für die Analyse aufbringen. Dabei sind diese Vermögensverwalter deutlich kritischer gegenüber ETFs. Nur 8% der Gruppe vergleicht vor einem ETF Kauf und während der Haltedauern nicht gegen die Kosten, die Rendite oder fundamentale Kriterien von aktiven Fonds. Die Quote ist viel geringer als bei den jungen ETF-Anwendern.

Da die angesprochenen aktiven Fonds oft Nischenfonds sind und zumindest in Deutschland kein hohes Volumen erreichen können, handelt es sich auch um Produkte, die hohe Kosten haben. Die Akzeptanz für den Mehrwert eines aktiven Managers in diesen Anlagesegmenten entsprechende Kosten hinzunehmen, ist demnach gegeben und mag durch die günstigen Plain Vanilla-Produkte bei den ETF-Allokationen ausgeglichen werden.

 

Gesamte Studie hier kostenfrei herunterladen