Mit dem letzten Teil unserer Umfrage wollten wir einen Ausblick für die Branche der Vermögensverwalter in Deutschland erhalten. Was sind die größten Herausforderungen? Können ETFs ein Teil der Lösung sein? Wird Robo Advisory angeboten? Welche anderen Pläne zur Digitalisierung liegen in den Schubladen?
Herausforderungen im Vertrieb
Bei der Frage nach den größten Herausforderungen auf der Vertriebsseite haben wir Mehrfachnennungen zugelassen. Kunden und Interessenten online zu erreichen und zu gewinnen ist mit 60%, die mit Abstand am häufigsten genannte Herausforderung. Hier unterscheidet sich das Bild aber erneut zwischen frühen ETF-Anwendern und denen, die seit 2011 oder später an Bord sind. Bei letztgenannten, ist der Wert deutlich höher, während bei den frühen Anwendern die Regulierung, die die Akquise und Betreuung von Kunden erschwert, die größere Herausforderung ist.
Unabhängig vom Zeitpunkt des erstmaligen ETF-Einsatzes wird unter allen Teilnehmern, die ETFs einsetzen, von einem Viertel das Erhalten oder Erhöhen der Gewinnmarge als Herausforderung gesehen. Demnach steht also der Erhalt und Zugewinn von Umsatz deutlich vor einer Kosten- und damit vor einer Gewinnoptimierung.
Ohne beim jeweiligen Umfrage-Teilnehmer die Antwort zur Herausforderung direkt aufzunehmen, fragten wir generell, ob ETFs für ihn hilfreich sind, die Herausforderungen zu meistern. 80% sind dieser Meinung. Diese deutliche Aussage zeigt den Stellenwert, den ETFs haben. Konform mit der Darstellung in Teil 1 zur Bedeutung von ETFs für das eigene Unternehmen, war die Aussage zu Gunsten von ETFs als Problemlösern, bei den neueren ETF-Anlegern sogar noch höher.
Schaut man etwas differenzierter auf die Antworten, zeigt sich, dass die Vermögensverwalter, die seit 2011 oder später ETFs einsetzen, ETFs für alle drei Herausforderungen (Gewinnmarge, Regulierung, Kunden online erreichen) nahezu gleich als Teil der Lösung sehen. Die Raten liegen mit 80% bis 90% immer sehr hoch.
Die ETF-Nutzer, die vor 2011 an Bord waren, sehen ETFs stärker als Lösung bei der Regulierungsthematik als bei den beiden anderen Themengebieten.
Online-Vermögensverwaltung
Eine Online-Vermögensverwaltung, also einen Robo-Advisor, der genau das Problem der Kunden- und Inte-ressenerreichung online lösen soll, wird von nicht einmal der Hälfte der Umfrage-Teilnehmer geplant oder ist bereits umgesetzt.
Da diese Frage den Kern der Geschäftspolitik trifft, kann hier davon ausgegangen werden, dass nicht jeder ehrlich seine Pläne offenbart hat. Daher kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass die Zahl derer, die einen Robo-Advisor anbieten werden, höher ist. Gerade wenn man in Betracht zieht, dass mit dem Aufkommen der ersten Robos bei der direkten Konkurrenz, Handlungsdruck gegeben sein wird.
Unterschiede zwischen den alten Hasen der ETF-Anlage und den verhältnismäßig neuen Nutzern werden wieder deutlich. Die erste Gruppe plant zu einem geringeren Teil, nämlich nicht einmal einem Drittel einen Robo-Advisor anzubieten. Bei denen, die einen anbieten wollen, spielt es keine Rolle, ob es einen Mantel dafür gibt, also einen eigenen Fonds, ein Zertifikat oder ein anderes Vehikel. Anders bei der zweiten Gruppe, die einen Mantel für wichtig hält.
Alle Vermögensverwalter, die angaben, keine ETFs zu nutzen und auch keine Pläne haben, diese zu nutzen, gaben zugleich auch an, keinen Robo-Advisor anbieten zu wollen. Vereinfacht und sicherlich überspitzt, kann interpretiert werden, dass es ohne ETFs keine Robos gibt.
Kunde wird zum Selbstentscheider
Die obige Aussage eines Vermögensverwalters zeigt eine weitere Sorge auf, die wir in der Umfrage wahr-nahmen. Die zunehmende Verbreitung und Beliebtheit von ETFs bei Endkunden, dank Presse, Blogs und Erfahrungen im Bekanntenkreis, macht die Sorge nachvollziehbar. Sie zielt darauf ab, dass der Vermögensverwalter nun nicht mehr gebraucht wird, da die Manager-Selektion entfällt und der Kunde zum Selbstentscheider wird. Das kann erklären, wieso die Entscheidung für eine ganzheitliche Digitalisierungs-Strategie, in der ein Robo-Advisor nur eine Komponente ist, in vielen Häusern noch nicht gefallen ist.
Vermögensverwaltung ist komplex und benötigt Expertise. Daran ändern ETFs als Instrument erst einmal wenig. Dies muss dem Kunden kommuniziert werden. Durch das Verwenden von ETFs im Zusammenhang mit einer aktiveren Asset Allocation / Anlagestrategie, versuchen Vermögensverwalters bereits ihren Mehrwert gegenüber Kunden zu rechtfertigen.
Je spezifischer die Ausgestaltungen werden, desto eher wird eine Beratung benötigt. Selbst bei so einfachen Anlagethemen wie Sparplänen, die zudem noch als wenig attraktiv für die Umsatzgenerierung gelten, kann ein derartiger Mehrwert für den Kunden geschaffen werden, dass hier eine Zahlungsbereitschaft entsteht. Siehe Artikel zu Sparplänen auf Seite 32.
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